Mi casa es su casa!
lautete Christophs Nachricht. Und so hatte ich mich vor ein paar Wochen in den Flieger gesetzt, um meinen lieben Freund auf der Insel Mallorca zu besuchen.
Am ersten Abend warnte er mich: „Mareike, morgen früh wirst Du das Tier hören. Ein Hund, der kläfft und kläfft und kläfft. Es ist ein einzigartig durchdringendes Kläffen – nicht auszuhalten! Nervt mich tierisch. Aber was kann man tun, wenn man einen Balkon hat, der auf einen Park rausgeht, wo alle Herrchen und Frauchen ihre Köter ausführen?“ Auf meine Frage, was das für ein Hund sei, zuckte Christoph mit den Schultern. „Ich hab ihn noch nie gesehen“, meinte er
Pünktlich um 07:30 am nächsten Morgen ging es los. Das Kläffen klang nach kleinem Hund und war wirklich nervtötend. Ich stopfte mir Ohropax in die Ohren und versuchte weiterzuschlafen. Leider unmöglich.
Also stand ich auf und ging auf den Balkon, um mir ein Bild von dem Viech machen. Es war nicht leicht zu entdecken, denn im Park waren viele Menschen mit ihren befellten Haustieren unterwegs. Doch schließlich sah ich ihn. Es war ein kleiner Schoßhund (liebe Hundefreunde – bitte verzeiht, dass ich die Rasse nicht erkannte), der da so durchdringend krächzte. Und er war nicht allein: er war mit zwei großen Hunden – einem Schäferhund und einem zweiten mit grauem, kurzen Fell – unterwegs. Blick auf den Park:
Die Großen tollten, sprangen an einander hoch und rasten herum. Der kleine Hund versuchte mitzuhalten. Doch er war viel kleiner, deutlich langsamer und wurde von den beiden anderen einfach ignoriert. Deshalb also kläfft der Köter so laut: er wollte sich Gehör verschaffen, er wollte teilhaben.
Ich erzählte Christoph später von meiner Entdeckung. Und am nächsten Morgen war auch er bereit, aufzustehen und den Hund zum ersten Mal zu sehen. „Na, jetzt tut er mir ja fast irgendwie leid.“ meinte er. Wir beschlossen, ihn liebevoll „Töle“ zu nennen.So sieht Töle aus:
Ein paar Tage später fanden wir beide: Töles Kläffen hatte sich verändert. Es störte nicht mehr so. Als es an ein einem Morgen still blieb, machten wir uns sogar richtig Sorgen!
Was war geschehen? Wir kannten nun Töles Geschichte! Wir wußten, wie er aussah und hatten eine Idee davon, wie es ihm ging und weshalb er so bellte. Dadurch war sein Gebell in unseren Ohren harmloser geworden. Wenn er morgens loslegte, schmunzelten wir und dachte: hoffentlich lassen sie dich diesmal mitspielen!
Was habe ich daraus gelernt?
Mich hat diese Erfahrung gelehrt, was geschieht, wenn wir die Geschichte vom anderen entdecken. Nicht nur bei Töle ist es so. Auch bei Menschen, die uns fremd sind oder die für uns unverständlich handeln. Erfahren wir ihre Geschichte, die Hintergründe, verändert sich etwas im Kontakt und Verbindung kann entstehen.
Und Du?
An welchen Moment kannst Du Dich erinnern, wo Du die Story von jemandem erfahren hast – und auf einmal Verständnis für sie oder ihn hattest?
Bei Meinungsverschiedenheit (und er/sie „bellt“ mich an) und wenn alles Diskutieren nicht weiterführt – probiere ich manchmal aus zu fragen: „Wann hast Du diese Meinung gefasst?“ oder „Welche Momente haben Deine Meinung geprägt?“
Die Geschichte, die ich dann höre, kann mein Verständnis wecken.
Vielleicht hast Du ja Lust, das mal auszuprobieren? Und erzählst dann auch den Moment, wie Du zu Deiner Meinung kamst?!
Viel Freude beim Erlauschen von Geschichten wünscht Dir Mareike