Neulich formuliert eine Teilnehmerin – nennen wir sie Tina – im Sprechtraining für Führungskräfte einer internationalen Supermarktkette ihr Anliegen so: „Wenn ich vor anderen spreche, verhasple ich mich oft – das will ich loswerden.“ Ich frage nach, was da genau vor sich geht. „Ich muss die Worte doch schnell rausbekommen – und irgendwie wollen die das nicht!“ sagt sie.
Bei dem Wörtchen „schnell“ werde ich stutzig und frage nochmal nach. Da wird klar, dass Tina in ihren Präsentationen den Anspruch hat, ihre Inhalte so schnell wie möglich loszuweden. „Ich darf doch den den Zuhörern nicht die Zeit stehlen! Will nicht langweiligen.“
Die eigene Einstellung „Ich muss schnell liefern“ – ist nachvollziehbar. Als Trainerin habe ich schon mit einigen Menschen gearbeitet, die diesen Anspruch an sich hatten. Manchmal hat es mit Erlebnissen aus der Kindheit zu tun: Wer als Kind um die Aufmerksamkeit der Eltern kämpfen musste, hat gelernt, ganz schnell zu sprechen, um möglichst viel unterzubringen, ehe die Eltern sich wieder abwandten..
Raum und Zeit
Wo auch immer diese Einstellung herkommt: Sie ist nachvollziehbar. Aber leider nicht hilfreich. Denn nur wer sich Raum und Zeit nimmt, der selbst und dessen Inhalte werden für die Zuhörenden wertvoll!
Im Sprechtraining üben wir, uns Raum zu nehmen. Über die eigene Körperhaltung, über einen aufgerichteten Stand, Gesten, etc. Zeit nehmen wir uns über ein angemessenes, auch gern variierendes Sprechtempo und über Pausen. Mit denen erzeugen wir übrigens auch Spannung und können unsere Redebeiträge gliedern.
Das Mohnfeld
Zurück zu Tina. Ich fragte sie: „Wie wäre es, wenn Du die Sicherheit hättest, dass das, was Du zu sagen hast, für Deine Zuhörenden richtig wertvoll ist? Wie eine Geschenk? Oder ein blühendes Mohnfeld?“ Nach einem Moment des Überlegens meint Tina: „Dann wäre ich ruhiger. Ich könnte mir mehr Zeit lassen.“
Ok, ich gesteh’s Dir: Im Sprechtraining neulich hab ich von der Blumenwiese gesprochen, denn da war ich dem Mohnfeld noch gar nicht begegnet und es gab das obige Foto noch nicht. Dieses große Blühen finde ich aber so toll, dass ich’s unbedingt mit Dir teilen wollte! Ob nun Blumenwiese oder Mohnfeld – wichtig ist, dass die Metapher stimmig ist. Mit ihrer Hilfe veränderst Du nämlich Deinen Anspruch und Deine innere Haltung.
Stell Dir doch mal vor: Das, was Du zu sagen hast, ist ein Geschenk an die Zuhörenden. Da gehört doch der Vorgang des Auspackens mit dazu!
Oder das, was Du zu sagen hast, ist besonders – wie ein blühendes Mohnfeld. Da möchtest Du doch auch nicht dran vorbeihuschen, um möglichst schnell weiter zu kommen, oder? Nein! Es braucht ein Innehalten. Ein Genießen.
(Ich hab damals beim Ausflug übrigens umgedreht und geparkt, um dann in diese Schönheit einzutauchen.)
So kann also ein Bild helfen, das eigene Sprechtempo zu reduzieren und sich Raum und Zeit zu nehmen. Bilder und Vorstellungen wirken!
Wenn Du Deine Inhalte auch so behandelst wie Geschenke oder herrliche Mohnfelder – Dir und den Zuhörenden Zeit gibst, sie zu verarbeiten – dann werden sie allein dadurch wertvoller!!!
Was Bertold Brecht dazu meint
Nun kann es ja sein, dass Dir nicht unbedingt nach Geschenke-Vergabe oder Mohnfeldern ist und Dir diese Analogien/Metaphern nicht zusagen. Dann munden Dir vielleicht die Worte des großen Theatermanns Bertold Brecht. Denn der beschreibt in seinem Gedicht „Der Nachschlag“ ein anderes Bild, das hilft, zu mehr Ruhe im Sprechen zu kommen
Wenn Du Dir Unterstützung dabei wünschst, souveräner, sicherer und mit mehr Zeit und Raum zu sprechen, dann lass uns gern dran arbeiten! Hier geht’s zum Sprechtraining-Paket „Wirkungsvoll sprechen“.
Ich wünsch Dir alle Fälle viel wertvollen Genuss – beim Sprechen und beim Wandeln durch blühende Wiesen und Felder!
Mareike
PS: Wenn Du Wege kennenlernen möchtest, um mit Lampenfieber und Ängsten umzugehen, dann empfehle ich Dir den Blog-Beitrag „Hilfe bei Angst und Zweifeln“.